La Vita präsentierte Ende Oktober 2017 und im April 2022 das Stück „Die Welle“.
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Es ist erstaunlich: Nach Ende des Dritten Reiches behaupteten viele Deutsche, nichts von der Judenvernichtung gewusst zu haben. Dorfbewohner, Lehrer, Bahnmitarbeiter und Ärzte gaben an, nichts von den Grauen in den Konzentrationslagern mitbekommen zu haben. Wie konnte das sein? Diese Frage stellte sich 1966 auch eine Schulklasse an der Cubberley High School in Palo Alto.
Der Geschichtslehrer Ron Jones entschloss sich ein Experiment durchzuführen, das er „The Third Wave“ nannte. Dazu teilte er seinen Schülern verschiedene Rollen zu und unterwarf sie bestimmten Einschränkungen und strengen Regeln. Mitglieder der „Bewegung“ mussten einen speziellen Gruß anwenden und Mitschüler melden, die sich nicht an die Regeln hielten. Die beiden Leitgedanken des Experiments „Strength through discipline“ („Stärke durch Disziplin“) und „ Strength through community“ („Stärke durch Gemeinschaft“) erhob Jones zum Dogma und stellte einen starken Gemeinschaftssinn in den Mittelpunkt. Nichtmitglieder wurden daran gehindert, das Klassenzimmer zu betreten.
Erschreckenderweise erhielt Jones sehr schnell eine Antwort auf die Eingangsfragen. Die Schüler ließen sich mit großer Leichtigkeit vereinnahmen und manipulieren. Der Geschichtslehrer sah sich genötigt, das Experiment vorzeitig abzubrechen, damit niemand ernsthaft zu Schaden kam. Die neu eingeführten Strukturen führten zwar dazu, dass Außenseiter verstärkt eingebunden wurden, auf der anderen Seite nahm das Mobbing von Schülern, die nicht mitmachen wollten, ungeahnte Ausmaße an. Jones beobachtete auch bei sich selbst Veränderungen. Die Grenzen zwischen „Diktator spielen“ und „Diktator sein“ verschwammen zusehends.
Die Erfahrungen des Experiments zeigen, wie leicht sich Menschen auf einen falschen Weg führen lassen, einem Anführer unterordnen und im Namen der Gruppe Andersdenkende unterdrücken können. Bemerkenswert ist die hohe Geschwindigkeit, mit der sich entsprechende Verhältnisse etablieren können. „Die Welle“ ist Mahnung für uns alle, den gesunden Menschenverstand anzuschalten und sich nicht von totalitären Tendenzen vereinnahmen zu lassen. Auch sollten wir wachsam sein und uns stets für die Meinungsfreiheit und Toleranz stark machen. Das beginnt schon im Alltag, wenn Kollegen in der Gruppe gemoppt oder Menschen, die zu einer Minderheit gehören, beleidigt werden.
„The Third Wave“ bildete die Basis für den US-amerikanischen Fernsehfilm „Die Welle“ von 1981, der unter der Regie von Alex Grasshoff realisiert wurde. Die Geschichte wurde aber vor allem durch das „Buch zum Film“ von Morton Rhue (Todd Strasser) bekannt. Es orientiert sich eng an der dramaturgischen Struktur des Filmdrehbuchs, fügt aber einige Szenen und Figuren hinzu. Das Buch wird in vielen Bundesländern für den Unterricht empfohlen.
Vor nunmehr über 30 Jahren hat der Dramatiker Reinhold Tritt „Die Welle“ als Theaterstück aufbereitet und inszeniert. Es hat sich inzwischen zum Klassiker entwickelt und wird wohl auch in Zukunft nichts von seiner Aktualität einbüßen. Das ist die bedrückende Erkenntnis, die sich dem geneigten Zuschauer aufdrängt.
Pressestimmen
“Dieses fast unglaubliche Geschehen verkörperte die Schauspielgruppe um Edith Flory sehr glaubhaft. (…) Wer La Vita und Edith Flory kennt, weiß, dass es ihr Ziel ist, Themen auch durch Einsatz von Medien und Musik deutlicher und berührender zu gestalten.”
Zitat aus RNZ-Artikel, 23.10.2017